Der Plan von Bundesbern, unsere Energieversorgung mit einer «Energiewende» auf den Kopf zu stellen, ist fortgeschritten. Die Energiestrategie 2050 ist eine Kopie von Deutschlands desaströser Energiewende, die jährlich riesige Geldbeträge verschlingt. Da auch bürgerliche Parteien vom Bazillus einer Energiewende angesteckt sind, kann diese wohl nur mit dem Referendum gestoppt werden.
Von Lukas Weber, Alliance Energie
Die schweizerische Stromversorgung ist die beste der Welt: sicher, günstig, umweltfreundlich. Dies zeigen die angesehenen Rankings des Internationalen Weltenergierates (Energy Sustainability Index) und der Yale und der Columbia University (Environmental Performance Index). Die Schweiz versorgt sich selbst mit Strom, praktisch CO2-frei und mit schönem Gewinn im Stromhandel mit dem Ausland.
Damit ist es, falls der Bundesrat und das Schweizer Parlament ihren Willen durchsetzen, bald vorbei. Die Strombranche steckt tief in einer unverschuldeten Krise. Stromversorger, die Kraftwerke besitzen oder daran beteiligt sind, schreiben wegen des Preiszusammenbruchs im europäischen Strommarkt Verluste. Branchenkenner bestätigen, dass sich die Lage in den nächsten Jahren nicht bessern wird.
Stromversorgung geht in die Brüche
Die wichtigsten Ursachen sind der staatlich geförderte Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung (Sonne, Wind usw.) bei sinkendem Verbrauch (Wirtschaftskrise in der EU) und gigantischen Subventionen für diesen Ausbau. Dadurch wurde der Markt für Elektrizität praktisch zerstört. Wegen riesigen Geldsummen im subventionierten Bereich verbleibt umso weniger Geld im freien Strommarkt, wo die Preise im Keller liegen (um 3 Rappen pro Kilowattstunde). Da rentieren die meisten Kraftwerke nicht mehr: Die Einnahmen reichen nicht, um die Betriebs- und die Kapitalkosten zu decken.
Daher ist es nur eine Frage der Zeit, bis eigentlich kerngesunde Stromanbieter in Europa Konkurs gehen werden. Hans Schweickardt, einst Verwaltungsratspräsident von Alpiq, dem grössten schweizerischen Stromunternehmen, kündigte jüngst in einem Interview mit der NZZ ein «Blutbad» in der Strombranche an. Dass es bisher dazu nicht gekommen ist, liegt hauptsächlich daran, dass die Stromfirmen mehrheitlich Gemeinden und Kantonen gehören. Dort dauert es länger, bis jemand den Notausschalter drückt – übrigens ein schwacher Trost für die Eigentümer (die Steuerzahler, also uns!), deren Familienschatz auf dem Altar der grünen Träume geopfert wird.
Warum funktioniert eine «Energiewende» nicht?
Wie ist es dazu gekommen? Wie meist: mit schönen Worten. Was früher die klassenlose Gesellschaft, das «Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen» war, ist heute die «2000-Watt-Gesellschaft» oder das «100 Prozent erneuerbar». Im Hintergrund hallt der vierzig Jahre alte Spruch: «Atomkraft? Nein danke.» Der geistige Nährboden für eine «Energiewende», mit der die bewährte Energieversorgung auf den Kopf gestellt werden soll, ist also alt, aber immer noch fruchtbar.
Dass eine «Energiewende» nicht aufgehen kann, hat zwei Gründe: Erstens tritt erneuerbare Energie in der Natur weniger konzentriert auf als die Energiespeicher Erdöl, Erdgas, Kohle, Uran und Grosswasserkraft. Der finanzielle, materielle und übrigens auch energetische Aufwand, um sie einzufangen und für den Menschen nutzbar zu machen, ist enorm und steht in keinem Verhältnis zu unserer Energienachfrage.
Zweitens kann erneuerbare Energie nur gerade dann genutzt werden, wenn die Witterung und die Tageszeit es erlauben. Sonst ist eben Flaute – was nicht unbedingt das ist, was wir uns für eine Beleuchtung, einen Tiefkühler, einen fahrenden Zug oder eine industrielle Fertigungsanlage wünschen…
Zum Energieausgleich zwischen Produktion und Flaute wären Speicher nötig, die weder bekannt, verfügbar noch bezahlbar sind. Auch wird dafür angesichts der Krise der Strombranche niemand Geld ausgeben wollen. Die industrielle Zivilisation, der Mühsal einer erneuerbaren (!) Energieversorgung, wie sie einst war und in den Entwicklungsländern heute noch ist – mit Holz beheizte Kochstellen, von Wasserrädern angetriebene Maschinen, von Tieren gezogene Fuhrwerke, kurzum harte körperliche Arbeit und kein materieller Reichtum – glücklich entronnen, wird diese weder wollen noch sich in Kenntnis der Folgen dazu entschliessen.
Um Schlimmeres zu verhindern: das Referendum
Dies ist wohl der Grund, warum Bundesbern das Volk zu seinem Plan einer Energiewende, der Energiestrategie 2050, nicht nach dessen Meinung fragen will. Der schweizerische Plan ist von Deutschlands Atomausstieg inspiriert und im Wesentlichen eine Kopie von dessen desaströser «Energiewende». Deutschlands Verbraucher bezahlen dafür allein in diesem Jahr laut dem Institut der deutschen Wirtschaft 31 Milliarden Euro – mehr, als der NEAT-Tunnel kostet!
Die Energiestrategie 2050 wird voraussichtlich im September zur Schlussabstimmung kommen. Es muss leider davon ausgegangen werden, dass das Parlament, vom Zeitgeist um Weitsicht und Kopf gebracht – mit Hilfe aus dem bürgerlichen Lager, dessen Widerstand wegen winkender Subventionen zusammengebrochen ist –, zustimmen wird. Dann bleibt nur das Referendum.
(aus: Schweizerzeit vom 27. Mai 2016)